In der vorletzten Aprilwoche 2021 wurde es ernst!

Nachdem das Projekt des Wiederaufbaus des Kirchturms unserer Pfarrkirche St. Mathilde lange Zeit drohte, zu einer neuen »Unendlichen Geschichte« zu werden, stehen jetzt alle Ampeln auf Grün! Diejenigen, welche parallel zu den Gremienwahlen im November 2021 mit einer überwältigenden Mehrheit für diese Projekt gestimmt hatten, wird es mit Sicherheit freuen.
Noch Mitte April 2021 begannen die Vorarbeiten mit der Einrüstung der östlichen Giebelwand (Eingangsbereich) der Kirche. Dabei mussten jedoch Beeinträchtigungen im Zugangsbereich bzw. beim Betreten der Kirche in Kauf genommen werden – aber das eine geht nun mal nicht ohne das andere! Und ab Pfingsten finden ja ohnehin die Gottesdienste wieder in St. Wiperti statt. 
Die Bauarbeiten insgesamt sollten dann bis zum 31. Juli 2021 endgültig abgeschlossen sein.

Blieb jetzt also nur noch zu hoffen, dass dieses Projekt für unsere Gemeinde nicht zu »Mathilde ’21« wird (in Anspielung auf »Stuttgart ’21«) …

 

 „Was baut Ihr denn da?“

Das werden die Gemeindemitglieder in letzter Zeit vermehrt von Nachbarn, Freunden und Bekannten gefragt. Seit vier Wochen steht die Rüstung an der Giebelseite der turmlosen katholischen Pfarrkirche St. Mathilde in Quedlinburg.

Das kleine Dachtürmchen über der östlichen Giebelseite musste vor einigen Jahren wegen Bauschäden leider abgetragen werden. Heute gibt es jedoch nicht nur Pläne, heute stehen verschiedene Baufirmen der Region an unserer Seite!

Die originalgeweihte Glocke, die sich seit 1984 neben der Kirche in einem Gebäude befindet, soll wieder ihren Platz ganz oben bekommen. Der Kirchturm wird neu errichtet und die Glocke mit einer Läutemaschine im Turm eingehängt. Mit einer schlichten Architektur bekommt die Kirche wieder eine Annäherung an den historischen Zustand und ein abgerundetes Bild im eigenen Gebäudecharakter.

 

Sie vermissen die Handwerker vor Ort?

Manches passiert eben im stillen Kämmerlein bevor es an das Tageslicht kommt. Ehe es mit dem Turm in luftige Höhe geht sind wesentliche Vorarbeiten im Sägewerk und in den Werkstätten erforderlich. Das macht die Arbeit für uns ALLE spannend. Viel Freude und Neugier ist bei den Gemeindemitgliedern zu erkennen.
An dieser Stelle soll abschließend nicht unerwähnt bleiben, dass uns neben Spendengeldern auch Zuschüsse vom Bistum Magdeburg, Fördergelder der Landesverwaltung Sachsen-Anhalt und anderer Institutionen zugesprochen wurden. Dafür möchten wir uns ganz herzlich bedanken.

Durch den Wiederaufbau des Kirchturmes mit seiner Glocke schaffen wir einen deutlichen Beitrag im Verbund mit der großartigen Geschichte unserer Heimatstadt, der Welterbestadt Quedlinburg.

Am Freitag, dem 18. Juni 2021, war es nun soweit!

An diesem Tag wurde der Kirchturmneubau sowie unsere alte Glocke mit einem entsprechend großen Kran wieder empor gehoben. Gegen 14.00 Uhr nahm unser Bischof Dr. Gerhard Feige die Weihe des Turmneubaus sowie die Wiederweihe unserer Glocke in Anwesenheit der Zimmerleute, unseres Pfarrers sowie einiger Gemeindemitglieder, die zwar die Bitte um Baufreiheit geflissentlich ignoriert aber offensichtlich wenigstens die Hygienevorgaben zumindest annähernd eingehalten hatten, vor.

Ansprache des Vorsitzenden des Kirchenvorstands:

Liebe versammelte Gemeinde, liebe Mitwirkende an der Wiedererrichtung unseres Glockenturms, liebe Gäste;

wie bei der erneuten Weihe unserer historischen, 165 Jahre alten Glocke am 18. Juni bereits erwähnt wurde, bemüht sich die Gemeinde der St.-Mathildes-Kirche in Quedlinburg seit vielen Jahren um die Wiederherstellung des alten Zustands ihres Gotteshauses: also wieder einen Turm auf dem Giebel zu haben und möglichst auch die alte Glocke wieder zum Klingen zu bringen.

Im Januar/Februar 1984 musste leider der steinerne Originalturm, der seit der Kirchweihe im Jahr 1858 seinen Dienst über gut 126 Jahre hinweg tat, wegen Baufälligkeit abgebrochen werden. Irgendwann nach der Wende keimte ein erster Gedanke auf, unter den grundsätzlich veränderten gesellschaftlichen Verhältnissen nun endlich den alten Zustand der Kirche wieder herstellen zu können – allerdings war bald klar, dass für einen dem Original entsprechenden steinernen Bau die Kosten zu hoch und das Ganze aus statischen Gründen viel zu riskant sein würde. Einige Anläufe sind so bereits in der Planungsphase an genehmigungstechnischen Hindernissen oder an geplatzten bzw. nicht eingehaltenen Terminen gescheitert.

Auch ist dieses Projekt innerhalb der Gemeinde nicht unumstritten. Es gibt Befürworter und es gibt Gegner und es gibt auch einige, die das ganze Vorhaben eher mit Skepsis verfolgen. Eine Befragung ergab jedoch, dass eine deutliche Mehrheit der Gemeindemitglieder sich für die Wiederrichtung aussprach. Allerdings muss ich hier ehrlich gestehen, dass ich nicht zu den Befürwortern gehöre. Doch wenn ich jetzt vor dem fast vollendeten Bauwerk stehe (der Originalturm hatte ohne Kreuz eine Höhe von fast 27 Metern und ich denke, diese Höhe wird auch mit dem neuen Turm erreicht), muss ich diesem Projekt insgesamt schon meine Hochachtung zollen – ich kann aber auch nicht umhin anzumerken: Die allerletzte Rechnung ist ja auch noch nicht gestellt!

An dieser Stelle passt es ganz gut anzusprechen, dass Spenden noch immer willkommen sind; auch und gerade, weil jetzt der Anschein entsteht, dass nun alles fertig wäre. Die Bankverbindung kann im Pfarrbüro erfragt werden, das Stichwort bzw. der Verwendungszweck sollten deutlich auf die Turmsanierung hinweisen.

Nach eigentlich mehr als siebenjähriger Vorbereitung und Planung und nach gefühlt mindestens ebenso vielen Rückschlägen startete im April die heiße Phase!
Am 7. April fand die Anlaufberatung mit allen beteiligten Firmen statt und am 20. begannen die Arbeiten mit dem Gerüstaufbau; ab jetzt gab es kein Zurück mehr!

Und heute nun steht im wahrsten Sinne des Wortes „der krönende Abschluss‟ dieser ganzen Arbeiten und Mühen bevor! Diese planungstechnischen und schlussendlich handwerklichen Arbeiten und Mühen wurde jedoch erst durch die nicht ermüdende Spendenbereitschaft der Mitglieder unserer Gemeinde, durch Zuwendungen der LEADER-Förderung, durch eine größere Spende des Bischöflichen Ordinariats Magdeburg und nicht zuletzt auch von der Harzsparkasse in Verbindung mit der Ostdeutschen Sparkassenstiftung ermöglicht. Denn wie sagt der Volksmund so treffend? „Ohne Moos nix los!‟

Abschließend möchte auch ich noch einmal allen, die nicht nur an dieses Projekt geglaubt, sondern es auch tatkräftig und mit großer Ausdauer sowie wirklich langem Atem umgesetzt haben, danken:

    • der Architektin Frau Schmidt, bauwerk ARCHITEKTEN Quedlinburg
    • dem Statiker Herrn Drachau, Ingenieurbüro für Bauplanung und Beratung GmbH Thale
    • der Fa. Gerüstbau & Vermietung Reiner Hippe Harzgerode
    • den Werkstätten für Denkmalpflege GmbH Quedlinburg, die die Zimmerer- und Dachdeckerarbeiten ausgeführt haben: insbesondere hier dem Geschäftsführer Herrn Becker, dem Zimmerermeister Herrn Knop sowie Herrn Trull, der für die Kupfereindeckung verantwortlich zeichnete
    • und schließlich der Heidenauer Glockenläute- und Elektroanlagen GmbH, die den Geläuteinbau übernommen hatten.

Bei der ganzen „Dankerei‟ dürfen aber zwei Personen auf keinen Fall übersehen werden – und das sind zum einen Frau Dorothea Hecker, die sich seit ihrer Wahl in den Kirchenvorstand vor ca. einem dreiviertel Jahr gemeinsam mit Herrn Beitlich um die Umsetzung dieses nicht gerade einfachen Projekts wirklich intensivst gekümmert hat.

Und das ist zum anderen Herr Manfred Beitlich; bei ihm sollten sich alle, die die Rückkehr von Turm und Glocke so sehnlichst gewünscht haben, ganz besonders bedanken. Man kann nun über ihn denken, was oder wie man will – aber ohne seinen schon fast starrsinnigen Eifer über sieben lange Jahre hinweg wäre hier nur noch ein weiterer Versuch, den Turm wieder zu errichten, im Sande verlaufen! 

Nun läutet sie wieder, die Glocke von St. Mathilde

Mit dem Bau dieses neuen Glockentürmchens hat die katholische Kirche St. Mathilde nun ihre alte Silhouette annähernd zurück erhalten. Der alte Sandstein-Dachreiter musste 1984 aufgrund seiner Baufälligkeit abgetragen werden und so verstummte damit auch die historische Kirchenglocke. Mit diesem hölzernen Nachbau kann nun aber auch sie, die in den vergangenen 37 Jahren ihr Dasein in einem wenig einladenden Nebengebäude fristen musste, an ihren Platz zurück kehren und die Gläubigen künftig wieder zum Gottesdienst oder zum Gebet rufen.

Nach Einschätzung des Glockensachverständige Dr. Gerhard Best ist die historische Glock unserer Pfarrkirchen St. Mathilde Quedlinburg, die noch zur originalen Ausstattung gehört, ein schönes und seltenes Exemplar der frühen Phase der Neugotik – zurückhaltend und geschmackvoll gestaltet. Ihre Inschrift lautet: „In honorem St. Mathildis a.d. mdccclvi‟, was übersetzt heißt: „Zur Ehre der hl. Mathilde im Jahr des Herrn 1856‟. Ihr Denkmalswert wird zusätzlich noch dadurch erhöht, dass wegen der in beiden Weltkriegen üblichen Beschlagnahmen zu Rüstungszwecken gerade aus dem 19. Jahrhundert nur verhältnismäßig wenige Glocken erhalten geblieben sind.
Eine weiter Besonderheit ist ihr Guss im Rheinland! Vermutlich ist dies darauf zurückzuführen, dass der Architekt unserer Pfarrkirche St. Mathilde, Freiherr Friedrich v. Schmidt, auch als Baumeister am Kölner Dom tätig war und so den Glockengießer Andreas Rodenkirch aus Deutz kennenlernte. Rodenkirch wurde so mit dem Guss für Quedlinburg beauftragt. Von diesem Gießer sind in der Fachliteratur laut des Glockensachverständigen Dr. Best nur wenige Glocken verzeichnet. Die meisten dürften heute infolge der vorgenannten Kriegsbeschlagnahmen oder auch nach Umgüssen nicht mehr vorhanden sein.

Nicht zuletzt „feierte‟ unsere historische Glocke im Jahr ihrer Wiedermontage 2021 ihren 165. Geburtstag! Da sie jedoch aus statischen Gründen zum Läuten nun nicht mehr geschwungen werden kann, wurde sie im Turmneubau fest montiert. In ihrem Inneren ist jetzt statt des Klöppels ein Glockenspiel-Magnetschlaghammer eingebaut, der, gesteuert über eine Schaltuhr, unsere Glocke im Rhythmus des Läutens anschlägt.
Unser Bischof Dr. Gerhard Feige ließ es sich nicht nehmen, am 18. Juni 2021 trotz luftiger Höhe die Glockenweihe persönlich vorzunehmen! „Wenn die Glocke wieder über den Dächern Quedlinburgs zu hören sein wird,‟ so der Bischof anlässlich der Weihe „wird vielen Menschen wieder deutlich, dass ihre Gemeinde lebendig ist!‟.

Nach einem anfänglichen Sololäuten wurde die alte Glocke von St. Mathilde von allen anderen Kirchenglocken der Stadt Quedlinburg in einem Plenumsläuten bergrüßt und sie reihte sich so in das Gesamtklangbild unserer Stadt wieder ein.

Die Wiedererrichtung des Turmes wurde möglich durch diverse Spenden

An erster Stelle sollen hier die Gemeindemitglieder genannt sein, die seit etwa 2015 immer wieder ihr Interesse durch entsprechende, überwiegend Kleinspenden an der Wiedererrichtung des Turmes bekundeten und so den Grundstock zu diesem Projekt legten.

Als das Ganze dann Ende November 2020 immer mehr Fahrt aufnahm und kaum noch Zweifel an der Vollendung dieses Projektes bestanden, beteiligte sich auch die Ostdeutsche Sparkassenstiftung gemeinsam mit der Stiftung der Kreissparkasse Quedlinburg mit einer größeren Summe. Parallel dazu flossen auch finanzielle Mittel vom Bischöflichen Ordinariat Magdeburg zu. Aber auch die am Bau mitarbeitenden Firmen und Gewerke, wie vom Kirchenvorstandsvorsitzenden in seiner Ansprache erwähnt, haben sich mit wirklich nennenswerten Spenden an der Finanzierung eingebracht.

Und in der Reihenfolge zwar zuletzt, aber durchaus nicht in der Bedeutung soll hier noch die LEADER-Förderung genannt werden.

 

 

Aufgrund der eingegangenen Spenden steht hier nun endlich kein Betrag mehr offen; vielen Dank an alle Spender!

 

Und wenn wir jetzt schon einmal solch ein tolles und eingespieltes Turmbau-Team haben, wie sieht es dann mit den ehemaligen Türmen von St. Wiperti aus …?